Multiples - Natur
Die große Stärke und zugleich die größte Schwäche der Fotografie ist es, nur einen einzigen Moment festzuhalten: Ein bestimmtes Motiv in einem bestimmten Ausschnitt bei bestimmten Lichtverhältnissen, aufgenommen in einer bestimmten Zeitspanne. Die Sechzigstelsekunde. Klick. Die Wirklichkeit zeigt immer mehr als ein Bild - links, rechts, über und unter dem gewählten Ausschnitt. In einem guten Foto ist das Unsichtbare irrelevant, es konzentriert die Wirklichkeit in einer Aufnahme auf den Charakter eines Menschen, eines Gebäudes, einer Landschaft. Es ist wie ein Wunder: Ohne ein ganzes Bild zu liefern, ist das entstandene Bild dennoch vollständig. Wesentlich ist natürlich, dass das Motiv überhaupt fotografiert werden kann. Es ist wichtig, dass der Charakter des Motivs in einem einzigen Moment konzentriert werden kann. Es kommt darauf an, dass der Fotograf im richtigen Moment auf den Auslöser drückt. All diese Voraussetzungen schränken das Medium Fotografie ein und sind seine große Schwäche. Ein bisschen zu spät oder zu früh, ein bisschen zu weit links oder rechts, ein bisschen zu hell oder zu dunkel, ein bisschen zu groß oder zu klein und statt eines selbsterklärenden Bildes wäre das Ergebnis nur eine verpasste Chance. Die Wirklichkeit ist flüchtig.
Peter Neusser löst dieses Dilemma der Fotografie mit seiner Kunst. Seine "Multiples" versöhnen Fotografie und Realität. Anstatt zu versuchen, die Realität abzubilden, fängt er sie mit seinen Mehrfachbelichtungen einfach ein. Dabei ist es natürlich von Vorteil, dass Peter Neusser einer der wenigen Fotografen ist, die nicht nur ein Auge für das richtige Motiv haben und grafisch denken können, sondern auch die Technik seines Mediums beherrschen. Beim Fotografieren von Multiples ist es wichtig, sowohl auf seine künstlerische Seele zu hören als auch mit mathematischer Präzision arbeiten zu können - so wie es Peter Neusser tut. Und so gelingt ihm etwas, was eigentlich nicht möglich ist: Seine Arbeiten, die stets mit analoger Fotografie entstehen, halten nicht nur einen einzigen Moment fest, sondern Geschichten und Erlebnisse.
MULTIPLES - NATURE
Photography‘s major strength as well as its major weakness is to just capture one single moment: A certain motif in a certain section in certain light conditions, taken over a certain time period. The sixtieth of a second. Click. Reality always shows more than a picture does – to the left, to the right, above and below the chosen section. In a good photograph the invisible is irrelevant, in one shot it concentrates reality on the character of a person, a building, a landscape. It is like a miracle: Without delivering a whole image, the image created is still complete. It is essential, of course, that the motif can be photographed at all. It is essential that the motifs character can be concentrated in one single moment. It is essential that the photographer presses the shutter button at the right moment. All these prerequisites restrict the medium of photography and constitute its major weakness. A bit too late or too early, a bit too far to the left or to the right, a bit too bright or too dark, a bit too large or too small and instead of a self explaining picture the result would only be a missed chance. Reality is fleeting.
Peter Neusser solves this dilemma of photography with his art. His “multiples” reconcile photography and reality. Instead of trying to depict reality he just captures it with his multiple exposures. It is an advantage, of course, that Peter Neusser is one of the few photographers who not only have an eye for the right motif and are able to think graphically but he also has complete technical knowledge of his medium. When photographing multiples, it is important to listen to your artistic soul as well as being able to work with mathematical precision – just like Peter Neusser does. And therefore he manages to do something that virtually cannot be done: His works, always created using analog photography, do not only capture one single moment but stories and experiences.