Es gibt ein Meer, das aus unergründlichen Wassern besteht: das Meer der Gefühle. Es beherbergt zusammenlaufende Sturzfluten, Anstürme, Wutanfälle und Spannungen, die durch den übertriebenen Damm der Vernunft zurückgehalten zu werden scheinen. Doch hinter den konkreten Grenzen unseres logischen Lebens liegt ein Ozean, der unendlich anschwillt.
Dieses Gewässer befreit sich über viele verschiedene Fluchtwege. Die Befreiung, die das Weinen bietet, ist viel mehr als eine Form der Therapie; im Grunde ist es eine Verbindung, ein unmissverständlicher Ausdruck einer starken Gefühlsregung. In diesem Sinne sind professionelle Weiner die Quintessenz des barmherzigen Rituals des Weinens.
Dennoch wurde der Akt des Weinens in einem solchen Maße verfolgt, dass allein die Vorstellung eines professionellen Weinenden heute im besten Fall Unbehagen auslöst. Seit den Anfängen der Menschheit bis vor wenigen Jahrzehnten spielten diese Priesterinnen überall auf der Welt ihre befreiende, kathartische Rolle. Ihre Tränen, die manchmal in Tränengefäßen gesammelt wurden, wurden dann neben dem Verstorbenen begraben, als Zeichen der hinterlassenen Trauer. Jetzt hat das Weinen aufgehört und die Weinenden und Tränenbehälter sind in Vergessenheit geraten, wir sind in einer Wüste des selbstverschuldeten Exils auf dem Trockenen sitzen geblieben, abgeschnitten von unserem inneren und äußeren Wasser. Wir sind betäubt in einer Oase, die nichts als eine Fata Morgana ist, und jagen kopfüber in Richtung Ausflucht, Vergnügen, Geschwindigkeit und Macht. Unsere Emotionen sind gefangen, dazu verdammt, unbeachtet zu bleiben und sich nicht zu offenbaren. Es gibt keinen Ablassventil für sie.
In der abgelegenen Wüste von Sechura, in Peru, wo es schon lange kein Wasser mehr gibt, gibt es jedoch noch ein paar professionelle Weinende mit den Letzten Tränen. Es gibt sie zwar, aber es sind nicht viele und schon gar nicht genug für all unsere Tragödien, unseren stillen Schmerz, unsere Verletzungen und Verluste. Es gibt nicht genug Tränen für den Schmerz der Welt, für unseren Kummer.
Dennoch gibt es sie, und wenn Sie in der dunklen Nacht der Seele ihr Schluchzen hören, fragen Sie die Weinenden nicht, für wen sie weinen. Du wirst wissen, dass sie um dich weinen.
Antonio Briceño, 2012
There is a sea made up of unfathomable waters: the sea of emotions. It is host to converging torrents, attacks, rages and intensities, which seem to be contained by the over-estimated dam of reason. However, behind the concrete bounds of our logical life, lies an ocean that is endlessly swelling.
These waters free themselves via many different escape routes. The liberation that crying provides is much more than a form of therapy; in essence, it is a connection, an unequivocal expression of a powerful emotion. In this sense, professional weepers have been the quintessential officiates of the merciful ritual of crying.
Nonetheless, the act of crying has been persecuted to such an extent that the very idea of a professional weeper is, in the best of cases, a cause of discomfort today. Since the beginning of humankind up until a few decades ago, all over the world these priestesses played their liberating, cathartic role. Their tears, which were sometimes collected in lachrymatories, were then buried next to the deceased as proof of the sadness left in his or her wake. Now the crying has stopped and the weepers and lachrymatories have been forgotten, we have been left dry in a desert of self-inflicted exile, disconnected from our internal and external waters. We are anesthetized in an oasis that is nothing but a mirage, pursuing headlong towards evasion, pleasure, speed and power. Our emotions are imprisoned, condemned to be ignored and never to manifest themselves. There is no faucet for them.
However, in the remote desert of Sechura, in Peru, unquenched by water for a long time now, there are still some professional weepers along with the last tears. Although they do exist, there are not many of them and certainly not enough for all our tragedies, our silent pain, our hurt and losses. There are not enough tears for the world’s pain, for our pain.
Yet, they continue to exist and if during the dark night of the soul you hear their sobbing, do not ask the weepers for whom they weep. You will know they weep for you.
Antonio Briceño, 2012
Series: "The Waters". 40 x 50 x 1 cm. Ink print on methacrylate. Ed. 5 + 2 a.p.
Series: "The Oblivion". 40 x 50 x 0,5 cm. Ink print on methacrylate. Ed. 5 + 2 a.p.
Series: "Mantillas". 200 x 66 cm each. Ink print on fabric (sublimation). Ed. 5 + 2 a.p.
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