Karl Martin Holzhäuser, Mitglied der internationalen Gruppe „Konkrete Fotografie“, hat seit den Anfängen seiner freien künstlerischen Praxis Ende der 1960er Jahre ein bemerkenswert konsistentes Werk geschaffen. Sucht man die Wurzeln seiner Kunst, so findet man sie in zwei Kulturen: der Kultur der konkreten, speziell konstruktiven Kunst, der sich Holzhäuser schon in jungen Jahren verbunden fühlte und der Kultur des Mediums Fotografie, besonders seiner experimentell-gestaltenden Tendenz. Nimmt man alles zusammen, so könnte man das Gesamtwerk Holzhäusers bisher als einen bildnerisch überzeugenden Syntheseversuch dieser beiden Kulturen ansehen: Kunst und Technik. Es spiegelt das freie Spiel von Farben, Formen, Raum und Zeit im Apparat eines Mediums, das sich diesen Ambitionen vielfach widersetzt.
Frühe Arbeiten, so die „Mechano optischen Untersuchungen“ von 1965 bis etwa 1972 legen davon ebenso Zeugnis ab wie die Arbeiten der Werkgruppe „Lichtmalerei“, die nur noch mit Zeitdaten betitelt sind, wie bei einer Registratur oder dem Dokument in einem Archiv. Schon diese Titel bedeuten eine Absage an jede metaphysische Überhöhung und Verklärung seiner Kunst durch den Künstler selbst. Er inszeniert eine Bildwelt, die es so bis dahin nicht gab, und er verwirklicht die Idee, aus dem Fotoprozess selbst heraus ein Bild der Zeit zu schöpfen. So entstanden seine Ikonen, die latent in seinem Medium zu ruhen schienen - in einem System aus Optik und Chemie, aus Mechanik und technischen Arbeitsabläufen -, bis jemand sie ans Tageslicht hob. Holzhäuser ist auf der ständigen Suche nach diesem latenten Bild der Zeit durch eine Fotografie, die sich nicht damit zufrieden gibt, die Welt, wie sie ist oder wie sie erscheint, abzubilden oder darzustellen. Seine Fotos wollen nicht sichtbar machen, sondern sichtbar sein. Damit geht der Künstler bewusst auf die Wurzeln und Fundamente seines Mediums zurück, er sucht das Elementare in einer Welt, in der das Flüchtige zum Alptraum wird. Frühere Bindungen eines Kunstwerks an Ort und Zeit seiner Entstehung sind durch Reproduzierbarkeit und massenhafte Verbreitung aufgehoben. Die Globalisierung hat hier längst stattgefunden. Fotografie fördert diesen Prozess eher als dass sie ihn stoppt. Aber sie bietet auch die Chance, das Spiel mit zu spielen und dennoch authentische Bilder der Gegenwart zu entwerfen, Zeichen, die dem individuellen und kollektiven Bewusstsein Halt geben. Holzhäusers Arbeit fixiert das Flüchtige auf eigene Art. Er arbeitet im Dunkeln. Aber sein Medium ist das Licht.
Karl Martin Holzhäuser, member of the international group Concrete Photography (Konkrete Photographie), has created a remarkably consistent oeuvre with his free artistic practices since the end of the 1960s. His art is rooted in two cultures: the culture of Concrete and especially Constructive Art, to which Holzhäuser felt an affinity already at a young age, and the culture of the medium of photography, particularly in its tendency for experimentation and design. Altogether, Holzhäuser’s oeuvre could be seen as a visually convincing experiment on the synthesis of the cultures of art and technology. It reflects the free play of colors, forms, space, and time in the apparatus of the medium, resisting its ambitions time and again.
Early works such as the Mechano optischen Untersuchungen from 1965 to 1972 make this evident, as do works of the group Light Painting that carries titles of dates much like a registry or archival documents. These titles represent the artist’s refusal to submit to any metaphysical super-elevation and transfiguration of art. He stages a visual world that did not exist before and realizes the idea of developing an image solely out of the photographic process. His icons are a result of this process. They seem to have rested within the medium —in a system of optics and chemistry, of mechanic and technical production—until someone brought them to light. Holzhäuser is permanently in search for the latent image of time via photographs that don’t want to represent and reproduce the world as it seems or is. His photographs don’t want to make anything visible, instead they want to be visual. Here, the artist intentionally returns to the roots of the medium, searching for the elementary in a world in which the fleeting, fleeing moments have become a nightmare. Earlier connections of a piece of art to the place or space and time of its creation have become obsolete through reproducibility and mass distribution. Globalization has already taken place. Photography supports this process instead of halting it. But it also offers the chance to play this game and produce authentic contemporary pictures, signs that give support to the individual and collective consciousness. Holzhäuser’s works fix the fleeting moments in their own way. He may be working in the dark. But his medium is light.