Karl Martin Holzhäuser, Mitglied der internationalen Gruppe "Konkrete Fotografie", hat seit den Anfängen seiner freien künstlerischen Praxis Ende der 1960er Jahre ein bemerkenswert konsistentes Werk geschaffen: In mehreren Werkgruppen weist es ein in sich selbst schlüssiges Konzept nach, das sich folgerichtig und Schritt für Schritt nachvollziehen lässt. Mehrere Ausstellungskataloge und Publikationen belegen das. Sucht man die Wurzeln seiner Kunst, so findet man sie in zwei Kulturen: der Kultur der konkreten, speziell konstruktiven Kunst, der sich Holzhäuser schon in jungen Jahren verbunden fühlte und der Kultur des Mediums Fotografie, besonders seiner experimentell-gestaltenden Tendenz. Dies bildete auch sein Studienfach an den Akademien in Saarbrücken und Hamburg, sowie die Grundlage seiner berufliche Karriere als Hochschullehrer. Nimmt man alles zusammen, so könnte man das Gesamtwerk Holzhäusers bisher als einen bildnerisch überzeugenden Syntheseversuch dieser beiden Kulturen ansehen: Kunst und Technik. Es spiegelt das freie Spiel von Farben, Formen, Raum und Zeit im Apparat eines Mediums, das sich diesen Ambitionen vielfach widersetzt. Konkrete und konstruktive Kunst. Sie wird von dem russischen Maler Wassily Kandinsky 1910 durch sein "Abstraktes Aquarell" erstmals sichtbar formuliert und erhält durch das Manifest der Konkreten Kunst von Theo van Doesburg 1930 begriffliche Gestalt; sie nimmt anschließend ihren Weg über die Schweizer konkreten Maler Max Bill, Richard Paul Lohse und andere in die Welt der Moderne - bis in die Gegenwart hinein, die diese Ansätze allerdings ins Postmoderne und Dekonstruktive wendet, Bewegungen, die die eigene Geschichte und das eigene Konzept in ihren Werken reflektiert, spielerisch und kritisch zugleich. Diesen zuletzt genannten Positionen stand und steht Holzhäuser eher skeptisch gegenüber. Seine Kunst ist durch direkte, unverstellte Anschaulichkeit geprägt, durch die "Generative Ästhetik" des deutschen Philosophen Max Bense, bei dem der junge Holzhäuser eine kurze aber für ihn prägende Zeit zwischen 1966 und 1969 in Hamburg studierte. Bense ging es um die "Programmierung des Schönen", so einer seiner Buchtitel, ein paradigmatischer Ansatz, dessen Auswirkungen wir heute in den Formen der Medien- und Computerkunst für selbstverständlich erachten. Seine Basis ist der Informationsbegriff und dessen Ableitungen, so auch die Generative Ästhetik, die "die methodische Erzeugung ästhetischer Zustände" propagiert, "indem sie diese Erzeugung in endlich viele unterscheidbare und beschreibbare Einzelschritte zerlegt." Damit war erstmals eine griffige Formulierung für die aufkommende computer-generierte Kunst gefunden, die schon kurz darauf alle Künste inspirierte. Kunst war damit digital, also zahlenmäßig, algorithmisch, mathematisch erzeugbar. Ein revolutionärer Gedanke - damals.
Er traf den jungen Holzhäuser unvermittelt und führte ihn zu einem Arbeitsansatz, der sich in seinem Werk bis heute findet: Die elementare Gestaltung in serieller Form. Der Produktionsprozess beginnt mit einfachen, elementaren Zeichen (Lichtbündeln, Lichtfarben), die schrittweise mit Hilfe eigens konstruierter Apparate in Zustände höherer Ordnung überführt werden, einem natürlichen Wachstumsprozess vergleichbar. Dabei entstehen komplexe Zeichenstrukturen, die sich "lesen" und insofern rational nachvollziehen lassen. Frühe Arbeiten, so die "Mechano optischen Untersuchungen" von 1965 bis etwa 1972 legen davon ebenso Zeugnis ab wie die Arbeiten der Werkgruppe "Lichtmalerei" (wie sie hier zu sehen sind), die nur noch mit Zeitdaten betitelt sind, wie bei einer Registratur oder dem Dokument in einem Archiv. Schon diese Titel bedeuten eine Absage an jede metaphysische Überhöhung und Verklärung seiner Kunst durch den Künstler selbst. Im Gegenteil: Sie signalisieren Ordnung und Transparenz, die das Kunstwerk vermitteln will. Sie liegen damit auf der Linie der frühen konkreten und konstruktiven Kunst, der daran lag, möglichst Viele am Kunstprozess zu beteiligen und niemanden auszuschließen, ein durch und durch demokratischer Ansatz. Auch in dieser Hinsicht bleibt Holzhäuser der Moderne verbunden, deren Idee er mit seinen Mitteln sichtbar und eindrucksvoll und fortschreibt.
Fotografie. Seit den medienbewussten 1970er Jahren spricht man auch vom "Medium Fotografie" als Ausdruck dafür, dass man nun dem Foto über das Abbild hinaus reichende Funktionen zuerkennt. Es hat nicht nur dienende und vermittelnde Aufgaben, sondern ist selbst auch eine Stück "Realität" - Medienrealität. Fotos verändern die Welt, indem sie die Anschauung und Einstellung ihr gegenüber verändern. Insofern schaffen sie auch eine neue Welt: "The Medium is the Massage", so das damalige Credo des kanadischen Soziologen Marshall McLuhan. Diesen schon erweiterten Foto-Rahmen sprengt Holzhäusers Fotografie-Ansatz noch einmal auf, denn er vernachlässigt sowohl die bewährten ikonischen, abbildenden, als auch die symbolischen Eigenschaften des Fotos. Er vernachlässigt also auch die Qualitäten des Fotos als Sinnbild, die es sich im Laufe der Zeit zunehmend erworben hat, denken wir an die Überzeugungsmacht forcierter Werbefotografie. Holzhäuser verfolgt demgegenüber einen "generativen" Ansatz und schließt sich einer Bielefelder Gruppe an, die die Idee bereits 1968 in einer Ausstellung manifestiert. Er inszeniert eine Bildwelt, die es so bis dahin nicht gab, und er verwirklicht die Idee, aus dem Fotoprozess selbst heraus ein Bild der Zeit zu schöpfen. So entstanden seine Ikonen, die latent in seinem Medium zu ruhen schienen - in einem System aus Optik und Chemie, aus Mechanik und technischen Arbeitsabläufen -, bis jemand sie ans Tageslicht hob. Holzhäuser ist auf der ständigen Suche nach diesem latenten Bild der Zeit durch eine Fotografie, die sich nicht damit zufrieden gibt, die Welt, wie sie ist oder wie sie erscheint, abzubilden oder darzustellen. Seine Fotos wollen nicht sichtbar machen, sondern sichtbar sein. Damit geht der Künstler bewusst auf die Wurzeln und Fundamente seines Mediums zurück, er sucht das Elementare in einer Welt, in der das Flüchtige zum Alptraum wird. Frühere Bindungen eines Kunstwerks an Ort und Zeit seiner Entstehung sind durch Reproduzierbarkeit und massenhafte Verbreitung aufgehoben. Die Globalisierung hat hier längst stattgefunden. Fotografie fördert diesen Prozess eher als dass sie ihn stoppt. Aber sie bietet auch die Chance, das Spiel mit zu spielen und dennoch authentische Bilder der Gegenwart zu entwerfen, Zeichen, die dem individuellen und kollektiven Bewusstsein Halt geben. Holzhäusers Arbeit fixiert das Flüchtige auf eigene Art. Er arbeitet im Dunkeln. Aber sein Medium ist das Licht.
Gottfried Jäger im August 2004
Karl Martin Holzhäuser, a member of the international group "Concrete Photography," has created a remarkably consistent body of work since the beginnings of his independent artistic practice in the late 1960s: In several groups of works, it demonstrates a concept that is coherent in itself and can be traced logically and step by step. Several exhibition catalogs and publications attest to this. If one looks for the roots of his art, one finds them in two cultures: the culture of concrete, especially constructive art, to which Holzhäuser felt connected at an early age, and the culture of the medium of photography, especially its experimental-creative tendency. This also formed his subject of study at the academies in Saarbrücken and Hamburg, as well as the basis of his professional career as a university lecturer. Taking everything together, Holzhäuser's oeuvre so far could be seen as a visually convincing attempt at synthesizing these two cultures: Art and Technology. It reflects the free play of colors, forms, space and time in the apparatus of a medium that often resists these ambitions. Concrete and constructive art. It was first visibly formulated by the Russian painter Wassily Kandinsky in 1910 through his "Abstract Watercolor" and was given conceptual form by Theo van Doesburg's Manifesto of Concrete Art in 1930; it then took its course via the Swiss concrete painters Max Bill, Richard Paul Lohse, and others into the world of modernism-all the way to the present, which, however, turns these approaches into the postmodern and deconstructive, movements that reflect their own history and concept in their works, playfully and critically at the same time. Holzhäuser was and is rather skeptical of these latter positions. His art is characterized by direct, undisguised vividness, by the "Generative Aesthetics" of the German philosopher Max Bense, with whom the young Holzhäuser studied for a short but for him formative time between 1966 and 1969 in Hamburg. Bense was concerned with the "programming of the beautiful," as one of his book titles put it, a paradigmatic approach whose effects we take for granted today in the forms of media and computer art. Its basis is the concept of information and its derivatives, including generative aesthetics, which propagates "the methodical generation of aesthetic states" "by breaking down this generation into finitely many distinguishable and describable individual steps." Thus, for the first time, a catchy formulation was found for the emerging computer-generated art, which shortly thereafter inspired all the arts. Art could be generated digitally, i.e. numerically, algorithmically, mathematically. A revolutionary idea - at that time.
It hit the young Holzhäuser abruptly and led him to a working approach that can still be found in his work today: The elementary design in serial form. The production process begins with simple, elementary signs (light bundles, light colors), which are gradually transformed into states of higher order with the help of specially constructed apparatus, comparable to a natural growth process. In the process, complex sign structures emerge that can be "read" and thus rationally comprehended. Early works, such as the "Mechano optical investigations" from 1965 to about 1972 bear witness to this, as do the works of the group of works "Light painting" (as can be seen here), which are only titled with dates, as in the case of a registry or the document in an archive. These titles alone signify a rejection of any metaphysical exaltation and transfiguration of his art by the artist himself. On the contrary: they signal order and transparency, which the artwork wants to convey. They are thus in line with early concrete and constructive art, which was interested in involving as many people as possible in the art process and not excluding anyone, a thoroughly democratic approach. In this respect, too, Holzhäuser remains connected to modernism, whose idea he visibly and impressively perpetuates with his means.
Photography. Since the media-conscious 1970s, one has also spoken of the "medium of photography" as an expression of the fact that the photograph is now recognized as having functions that go beyond that of an image. It has not only serving and mediating functions, but is itself also a piece of "reality" - media reality. Photographs change the world by altering our perception of it and our attitude towards it. In this respect, they also create a new world: "The medium is the massage," was the credo of the Canadian sociologist Marshall McLuhan at the time. Holzhäuser's approach to photography once again explodes this already expanded photographic framework, for he neglects both the proven iconic, depictive, and symbolic qualities of the photograph. He thus also neglects the qualities of the photograph as a symbol, which it has increasingly acquired over time, let us think of the persuasive power of forced advertising photography. In contrast, Holzhäuser pursues a "generative" approach and joins a Bielefeld group that manifested the idea in an exhibition as early as 1968. He stages a pictorial world that had not existed before, and he realizes the idea of creating an image of time out of the photographic process itself. This is how his icons were created, which seemed to rest latently in his medium - in a system of optics and chemistry, of mechanics and technical workflows - until someone lifted them into the light of day. Holzhäuser is in constant search of this latent image of time through a photography that is not satisfied with depicting or representing the world as it is or as it appears. His photographs do not want to make visible, but to be visible.
In doing so, the artist consciously goes back to the roots and foundations of his medium, seeking the elemental in a world where the ephemeral becomes a nightmare. Earlier ties of a work of art to the place and time of its creation have been erased by reproducibility and mass distribution. Globalization has long since taken place here. Photography promotes this process rather than stopping it. But it also offers the chance to play the game and still create authentic images of the present, signs that give support to individual and collective consciousness. Holzhäuser's work fixes the ephemeral in its own way. He works in the dark. But his medium is light.
Gottfried Jäger in August 2004