Junge japanische Businessmen, gutgekleidet, gelegentlich ein Fleck auf der Hose, ein von der Ferse gerutschter Schuh, Männer in geradezu graziler Haltung, schlafend, hingegossen, angelehnt, eingesunken, gehalten nur von ihrem bewusstlosen Rausch und einem Architekturdetail, sicher wie Engel, schön wie schlafende Kinder, außerhalb der historischen Zeit, entindividualisiert, kurzfristig erlöst von soldatischer Hörigkeit gegenüber ihren Chefs, der gnadenlosen Maschinerie & eisigen Hierarchie der japanischen Geschäftswelt, save as milk: PAWEL JASZCZUK gelingt das Kunststück, tödlich betrunkene Männer zu fotografieren, ohne beim Betrachter den leisesten Zweifel an ihrer Würde aufkommen zu lassen, ohne sie zu verraten, denn sie sind nicht da. Und eine metaphysische Würde, die sie im Wachzustand gar nicht - und nicht einmal die geringste Ahnung davon haben können - liegt auf ihren unglaublich gelösten und gleichzeitig erstarrten Körpern, die seltsam zu sich gekommen und schwerelos in einem timespace zu schweben scheinen, zu dem kein Nüchterner jemals einen Zugang hat.
Man möchte sie nicht erwachen sehen. Denn dann wird jeder von ihnen wieder einer unter Millionen sein und spurlos verschwinden in der Insignifikanz der Massen: Das westliche Auge vermutet sofort, dass diese Bilder von Balletttänzern oder genialen Schauspielern gestellt sind, so perfekt sind Haltung, Balance und Statik. Japaner mögen über die unbegreifliche Verlorenheit dieser Männer lachen, aber es ist ein Lachen nicht ohne Neid und Bewunderung zugleich, denn jeder weiß, dass in Japan 30000 Selbstmorde jährlich nicht von Schlafenden begangen werden.
Von Thomas Findeiss, 2010
Young japanese businessmen, well-dressed, sometimes with dirty pants, sometimes having a heel peaking out of a shoe, men in almost gracile postures, sleeping, streched out, resting, sunk in, only hold by their unconscious drunkenness and a single detail of architecture, safe like an angel, beautiful like sleeping children, outside of the historical time, de-invidualized, for a short period of time released from the military bondage against their superiors, the merciless machinery & icy hierarchy of the japanese business, save as milk: PAWEL JASZCZUK achieves the feat to take photos of deadly drunk men without allowing the viewer the slightest doubt in their dignity, without betraying them, because they are not there. And a metaphysical dignity which they do not have awake - and not even have the slightest idea of - is on their incredibly dissolved and at the same time petrified bodies, which came strangely to theirselves and seem to float weightless in a timespace to which no sober man has ever had an access to.
You do not want to see them waking up, because then everyone of them will become one in a million again and will disappear in the insignificance of the masses without a trace: The western Eye immediately suspects that those photographs are posed by ballet dancers or ingenious actors, just so perfect do look posture, ballance and statics on them. Japanese people may laugh at the incomprehensible loneliness of these men, but it is not a laugh without envy and admiration at the same time because everyone knows that in Japan 30.000 suicides every year are not comitted by sleeping people.
By Thomas Findeiss, 2010